Perfekt zum Runterkommen
Mit seiner Akustikgitarre betritt Fisher am Donnerstagabend die kleine Bühne und fängt sofort an zu spielen. „Chelsea Hotel“ ist eine ganz langsame, unaufgeregte Nummer. Perfekt zum Runterkommen nach einem stressigen Tag. Das Publikum applaudiert ihm, aber Fisher macht einfach weiter, spielt „Candles for Elvis“ und wird schneller, drängender. Seine kraftvolle Stimme füllt den ganzen Raum. Ein schöner Kontrast, der symptomatisch ist für den ganzen Abend.
Mal zupft Fisher die Saiten seiner Akustikgitarre nur ganz leicht an, mal langt er kräftig hinein. Seine Musik pendelt hin und her zwischen einfühlsamen Balladen, Folk- und Countrysongs, seine Texte wechseln zwischen Englisch, Deutsch und Italienisch. Mit seiner lockeren Art bringt Fisher sein Publikum zum Mitsingen und zum Aufstehen. In seinen selbstgetexteten Songs geht es um Liebe, um Beziehungen, um Sehnsucht, um Dankbarkeit und um das Gefühl, nach einer Reise in die Großstadt ein Fremder zu sein im eigenen Heimatdorf. In „Ich hab nur einen Koffer in Berlin“ spielt er auf Marlene Dietrich an und rechnet mit der sich verändernden deutschen Hauptstadt ab.
„Nero“ könnte ein Lied über Wien sein, sagt er. So genau wisse er es nicht. Theoretisch könnte es von jedem Heimatort handeln. Fisher hat lange in der österreichischen Hauptstadt gelebt. Er studierte dort Politikwissenschaften. Geboren ist er in Florida, aufgewachsen in einem „Kuhdorf“ im US-amerikanischen Missouri. Dort sei es auch so heiß wie hier, sagt er lächelnd und wischt sich den Schweiß ab. Fisher ist in seinem Leben schon weit gereist. Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass er in Pforzheim ausgerechnet in einem alten Bahnhof auftritt.
Ohne Verstärker und Mikro
Das Konzert findet in der 1912 erbauten Güterhalle statt. Das weiter vorne gelegene Hauptgebäude ist noch älter, nämlich von 1874. Seit fast 30 Jahren kümmert sich der Verein der Pforzheimer Eisenbahnfreunde schon um das historische Gebäude und hat es mit viel Liebe zum Detail wieder hergerichtet. Mitten in der hölzernen Güterhalle hängt eine alte, große Bahnhofsuhr aus den 1950er-Jahren. Der lange, dünne Zeiger steht auf der Zwölf und der kurze, dicke zeigt auf die Zehn, als Fisher sein Konzert nach fast zwei Stunden beendet und das Publikum mit tosendem Applaus gleich drei Zugaben verlangt. Die letzten beiden spielt er ohne Verstärker und Mikrofon mitten im Publikum.